
In manchen Branchen entscheidet sich Zukunft nicht in Jahren, sondern in wenigen Monaten. Wenn Produktion stillsteht, Mitarbeiter gehen und Marken wanken, wird jedes Signal zur Kehrtwende genau beobachtet. In einer traditionsreichen Firma, die für Geschwindigkeit, Technik und Abenteuer steht, scheint sich nun etwas grundlegend zu verändern.
Nach intensiver Vorbereitung kehren Beschäftigte zurück an die Bänder, erste Linien werden wieder hochgefahren. Die Stimmung ist spürbar angespannt – aber auch von Zuversicht und Aufbruch geprägt. Welche Rolle dabei ein neuer Eigentümer, bewährte Modelle und strukturierte Abläufe spielen, zeigt sich erst bei genauem Hinsehen. Denn der Standort im oberösterreichischen Innviertel hat viel vor.
1. Rückkehr in die Werkshallen

Die Hallen, die über Monate hinweg stillstanden, erwachen nun wieder zum Leben. In den beiden Produktionsstätten herrscht sichtbare Betriebsamkeit, viele bekannte Gesichter kehren zurück. Der Schritt erfolgt nicht überstürzt, sondern nach langer Vorbereitung und präziser Planung.
Die Rückkehr betrifft aktuell rund 1000 Beschäftigte, die in Vollzeit-Tagschichten auf vier Fließbändern tätig sind. Die Sommerpause fällt dieses Jahr aus – ab Ende Juli läuft die Fertigung ohne Unterbrechung bis Weihnachten. Auch wenn nicht alle früheren Mitarbeitenden zurückkehren konnten, ist die Rückkehr ein klares Signal: Es geht wieder voran, Schritt für Schritt.
2. Neuer Eigentümer bringt Stabilität

Hinter dem Neustart steht eine entscheidende Veränderung in der Eigentümerstruktur. Im Mai übernahm Bajaj Auto International Holdings B.V. die Mehrheit am Unternehmen – ein langjähriger Partner, der nun zur rettenden Instanz wurde.
Durch ein Finanzpaket von rund 600 Millionen Euro wurde die drohende Abwicklung abgewendet. Im Gegenzug trennten sich die Eigentümer unter anderem vom bisherigen Firmenchef Stefan Pierer, dessen Rückzug Voraussetzung für die Einigung war. Die Sanierungspläne wurden Mitte Juni vom Landgericht Ried im Innkreis bestätigt. Seitdem laufen nicht nur die Bänder wieder – auch das Vertrauen in die Zukunft scheint zurückgekehrt zu sein.
3. Modellpalette bleibt – mit frischem Fokus

Produziert wird in den Werken zunächst Bekanntes – mit neuer technischer Grundlage. Der Neustart erfolgt mit Baureihen wie MX und Enduro Competition, ergänzt durch eine völlig überarbeitete LC4-Plattform. Dazu zählen etwa die Modelle KTM 690 Enduro R und SMC R, aber auch baugleiche Varianten von Husqvarna.
Neben diesen Baureihen bleibt auch die Marke Gasgas erhalten. Das Produktportfolio von 50 bis 1300 Kubikzentimetern soll nicht nur bestehen bleiben, sondern bei Bedarf weiter ausgebaut werden. Ebenso laufen die elektrischen Modellreihen und Komponentenmarken wie WP Suspension weiter – ein klarer Hinweis auf technische Kontinuität bei gleichzeitigem Wandel.
4. Fachkräfte gesucht – Neuausrichtung läuft

Obwohl viele Beschäftigte zurückgekehrt sind, fehlt dem Unternehmen nun ein nicht unerheblicher Teil des früheren Teams. Insgesamt wurden während der Insolvenz rund 1800 Stellen abgebaut – Lücken, die jetzt wieder besetzt werden sollen.
Gesucht werden Fachkräfte für IT, Marketing, Finanzen und weitere Bereiche. Besonders gefragt sind neue Mitarbeiter in Mattighofen und Munderfing, wo die Produktionslinien laufen. Neben reiner Wiederbesetzung geht es auch um Strukturwandel: Prozesse werden neu organisiert, Schnittstellen gestärkt. Der Aufbau nach der Krise ist nicht bloß personell, sondern auch strategisch ausgerichtet – und gibt dem Neustart ein klares Fundament.