
Ein Stromausfall im großen Stil bringt nicht nur Haushalte zum Stillstand, sondern auch die E-Mobilität. Doch was tun, wenn das Netz ausfällt und keine Ladesäule in Sicht ist? Für manche klingt ein Notstromaggregat als rettende Idee plausibel – doch ist das technisch überhaupt machbar? Und lohnt sich der Aufwand im Ernstfall?
Die Vorstellung vom mobilen Stromspender im Kofferraum fasziniert viele, ist aber mit einigen Tücken verbunden. Wer mit dem Gedanken spielt, sein E-Auto über diesen Weg zu laden, sollte vorher ein paar entscheidende Fakten kennen. Denn was in der Theorie funktioniert, kann in der Praxis schnell an seine Grenzen stoßen.
1. Strom aus dem Standmotor

Ein handelsübliches Notstromaggregat ist meist ein benzin- oder dieselbetriebener Generator, der 230 Volt Wechselstrom über eine Schuko-Steckdose abgibt. Diese Geräte kennt man vom Campingplatz oder von Baustellen. Im Prinzip lässt sich dieser Strom auch in ein Elektroauto einspeisen – aber nur sehr langsam und ineffizient.
Die Leistungsgrenze liegt in der Regel bei 3,6 Kilowatt brutto, realistisch nutzbar sind meist nur rund 2 Kilowatt Dauerleistung. Damit dauert es eine gefühlte Ewigkeit, um eine nennenswerte Reichweite ins Fahrzeug zu bringen. Wer diesen Weg geht, braucht viel Geduld und Benzin – und eine realistische Erwartungshaltung.
2. Laden dauert – sehr lange

Die Rechnung ist einfach: Bei zwei Kilowatt Dauerleistung und einem Akku mit über 100 Kilowattstunden, wie etwa im Mercedes EQS, kann das vollständige Aufladen mehr als zwei Tage dauern. Hinzu kommen Ladeverluste, Sicherheitsreserven und die Tatsache, dass Akkus nie komplett leer oder voll geladen werden sollten.
Selbst kleinere E-Autos würden mit einem kleinen Aggregat viele Stunden benötigen, bis nennenswerte Reichweite erreicht ist. Im echten Notfall mag das akzeptabel sein – für den Alltag ist es weder praktikabel noch sinnvoll. Hier wird schnell klar: Der Notstromgenerator ist keine Lösung für Regelbetrieb, sondern eher eine Notbrücke.
3. Kosten und CO2-Bilanz

Ein weiterer Haken ist der enorme Energieverbrauch. Ein typisches Aggregat benötigt etwa 1,5 Liter Benzin pro Kilowattstunde. Rechnet man diesen Bedarf auf den Energiehunger eines Elektroautos um, ergeben sich Kosten von rund 30 Euro pro 100 Kilometer – ein Vielfaches des normalen Ladepreises. Und das alles mit einem Gerät, das keine Abgasreinigung besitzt, also ordentlich CO₂ und Feinstaub produziert. Damit steht das Notstromaggregat im krassen Gegensatz zum ökologischen Anspruch der E-Mobilität. Wer ein E-Auto fährt, um die Umwelt zu schonen, wird mit dieser Methode eher das Gegenteil bewirken – die Notlösung ist eine schmutzige.
4. Kleine Strecken möglich

Trotzdem kann ein Generator im absoluten Notfall hilfreich sein. Muss das Auto nur wenige Kilometer zur nächsten Ladesäule schaffen, reicht es oft, den Stromer eine halbe Stunde zu laden – etwa für fünf Kilometer Reichweite. Wer mehr Zeit investiert, kann auch 50 Kilometer in fünf Stunden schaffen.
So gesehen eignet sich das Aggregat durchaus als Notnagel, wenn es keine Alternativen gibt. Die Reichweite, die sich in überschaubarer Zeit erreichen lässt, reicht oft aus, um sich zu retten – auch wenn es weder bequem noch billig ist. Praktikabel? Im Einzelfall schon. Dauerlösung? Eher nicht.
5. Profi-Ladedienste mit mehr Power

In den USA existieren bereits mobile Ladedienste, die mit stärkeren Generatoren arbeiten. Diese liefern bis zu 11 kW, vergleichbar mit einer Wallbox. Innerhalb von 30 Minuten lässt sich damit ausreichend Strom erzeugen, um zur nächsten Schnellladesäule zu kommen.
Das Prinzip: Ein Transporter mit Ladegerät fährt zum Pannenfahrzeug und hilft direkt vor Ort – ähnlich dem klassischen Abschleppdienst. Ein Geschäftsmodell für die Zukunft, das auch in Europa denkbar wäre. In Notlagen können diese Services schneller und effizienter helfen als kleine Heimwerker-Aggregate. Und sie zeigen, dass es auch im Ausnahmezustand digitale Mobilität geben kann.
6. Range Extender zum Mitnehmen?

Die Idee, ein Notstromaggregat dauerhaft im Kofferraum mitzuführen, existiert tatsächlich – vor allem in Online-Foren. Doch der Nutzen ist fraglich: Solche Geräte wiegen schnell über 50 Kilogramm, benötigen Spritvorrat und regelmäßige Wartung. Zudem würde der Energieverbrauch durch das Mehrgewicht steigen.
Auch rechtlich kann das Mitführen von Benzin im Fahrzeug problematisch werden. Der eigentliche Vorteil eines E-Autos – leiser, sauber, effizient – wird durch solch ein Zusatzgerät konterkariert. Wer Mobilität braucht, plant besser im Voraus, statt einen „Strom-Rucksack“ auf Rädern mitzuführen. Denn spätestens beim Tanken merkt man: Flexibel ist anders.
7. Wie wahrscheinlich ist ein Blackout?

Ein Blackout wie in Spanien wirkt alarmierend – doch in Deutschland ist so ein Szenario bislang ausgeblieben. Die Infrastruktur ist stabil, die Stromversorgung gut organisiert. Zudem wächst das Netz an Ladesäulen stetig, ebenso wie die Zahl der Fahrzeuge mit großen Akkureserven.
Laut Experten wie Ralf Petri ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem E-Auto liegenzubleiben, verschwindend gering. Wer regelmäßig lädt und seine Reichweite im Blick behält, braucht keine Angst vor dem Stehenbleiben zu haben. Für den echten Notfall mag das Aggregat eine Hilfe sein – aber nötig ist es für die meisten nicht. Die Technik fährt inzwischen auf Nummer sicher.