In der Fahrschule haben viele die Faustregel gelernt: Überholen ist nur auf der linken Spur erlaubt. Besonders ärgerlich ist das, wenn man auf der Autobahn rechts vorbeifahren könnte, weil jemand zu langsam auf der Überholspur fährt. Trotzdem ist das rechts überholen in solchen Fällen verboten und wird mit einem Punkt in Flensburg und einem Strafgeld von bis zu 100 Euro bestraft.
Aber die oben genannte Regel ist nicht immer korrekt. Autoguru erklärt, wann es tatsächlich Ausnahmen gibt. Es gibt mehrere Situationen, in denen das rechts überholen erlaubt ist, etwa bei mehrspurigen Straßen oder wenn ein Fahrzeug auf der Überholspur plötzlich stoppt. Eine gute Kenntnis der Regeln kann hier von Vorteil sein.
1. Rechts überholen, wenn Autos abbiegen
Wenn ein Auto von der Autobahn oder einer Kraftfahrstraße abbiegt, dürfen Fahrzeuge auf der durchgehenden Fahrbahn rechts überholen – jedoch nur, wenn die abgehenden Fahrstreifen durch eine breite Leitlinie getrennt sind. Auf Ausfädelungsstreifen oder Verzögerungsstreifen, die nicht durch eine breite Leitlinie abgegrenzt sind, ist das Überholen rechts nicht erlaubt.
Auch bei Linksabbiegern, die sich bereits zur Fahrbahnmitte einordnen, darf man rechts vorbeifahren. Das Überholen auf der linken Seite ist in diesem Fall nicht nur unpraktisch, sondern auch nicht möglich. Viele Autofahrer*innen sind unsicher, ob sie an Linksabbiegern vorbeifahren dürfen. Obwohl es nicht exakt als Überholen zählt, ist es in dieser Situation erlaubt.
2. Rechts überholen bei Stau oder stockendem Verkehr
Nach § 7 Abs. 2 StVO ist es in Deutschland erlaubt, bei Stau oder stockendem Verkehr auf den Fahrspuren einer Richtung rechts zu überholen. Wenn es zu Schlangenbildung kommt, darf auch auf dem rechten Ausfädelungsstreifen überholt werden. Dabei ist jedoch besondere Vorsicht geboten und das Überholen sollte nur mit mäßiger Geschwindigkeit erfolgen.
Sollte die linke Fahrspur blockiert oder sehr langsam befahrbar sein, ist das rechts überholen mit etwas höherer Geschwindigkeit erlaubt, allerdings immer mit äußerster Vorsicht. Es ist wichtig, sich an diese Regeln zu halten, um Unfälle zu vermeiden und die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.
3. Rechts überholen in Ortschaften
In Ortschaften mit mindestens zwei Fahrstreifen pro Richtung ist das Rechtsüberholen erlaubt. Auch an Straßenbahnen darf man rechts vorbeifahren, jedoch gibt es Ausnahmen, etwa bei Einbahnstraßen oder wenn die Schienen ganz rechts liegen. In Bereichen mit Ampeln, die den Verkehr regeln, ist das Überholen ebenfalls zulässig. Die wichtigsten Regeln dazu sind:
Straßenbahnen müssen immer rechts überholt werden, außer bei Schienen ganz rechts oder in Einbahnstraßen. Wenn das Auto vor dir einen Linksabbiegevorgang anzeigt, darfst du es rechts überholen. Bei Ampeln, wo keine Richtungsmarkierungen bestehen, ist das Rechtsüberholen ebenfalls erlaubt. Auf mehrspurigen Durchgangsstraßen in Innenstädten kannst du die Spur frei wählen und schneller fahren als die Autos neben dir.
4. Rechts überholen mit dem Rad
Als Radfahrer*in ist es wichtig, sich nicht unnötig in Gefahr zu begeben. Das Rechtsüberholen ist daher nur in bestimmten Fällen erlaubt, vor allem wenn die rechte Spur von Autos und Lkw blockiert ist, die an einer roten Ampel oder im Stau warten. In solchen Situationen darfst du mit dem Rad vorsichtig rechts vorbeifahren, vorausgesetzt, du gefährdest dabei keine Person und es ist ausreichend Platz vorhanden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass du dich nicht mehr vorbeischlängeln darfst, sobald der Verkehr wieder in Bewegung ist. Wenn Fahrzeuge anfahren und sich der Verkehr wieder normal bewegt, ist das Rechtsüberholen nicht mehr gestattet, um Unfälle und gefährliche Situationen zu vermeiden.
5. Rechts überholen bei mehreren Fahrstreifen
In Deutschland gilt das Rechtsfahrgebot, was bedeutet, dass man normalerweise nur auf der linken Spur überholen darf. Auf der Autobahn gibt es jedoch eine Ausnahme: Wenn mehrere Fahrstreifen für eine Richtung vorhanden sind, dürfen Fahrzeuge abweichen, wenn die Verkehrsdichte dies zulässt.
Laut StVO ist es erlaubt, den mittleren Fahrstreifen zu benutzen, auch wenn hin und wieder Fahrzeuge rechts davon fahren oder halten. Das bedeutet, dass es theoretisch erlaubt ist, auch über längere Strecken auf der Mittelspur zu bleiben, solange es die Verkehrssituation zulässt. Diese Regel soll helfen, den Verkehr flüssiger zu gestalten und Staus zu vermeiden, wenn die rechte Spur blockiert ist.
6. Die 20-Sekunden-Regel
Die sogenannte 20-Sekunden-Regel wird zwar nicht explizit in der StVO genannt, ist aber eine häufig angewandte Faustregel. Sie besagt, dass man auf die rechte Spur wechseln muss, wenn diese für mehr als 20 Sekunden frei ist, bevor ein Überholen erforderlich wird. Bleibt der Verkehr jedoch konstant und erfordert kein Überholen, darf man auf der aktuellen Spur bleiben, um unnötiges Spurwechseln zu vermeiden.
Diese Regel geht auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle aus dem Jahr 1968 zurück. 21 Jahre später entschied das OLG Düsseldorf, dass sie nur für zweispurige Straßen gilt, und auf dreispurigen Straßen ein längerer Zeitraum berücksichtigt werden muss. Es bleibt jedoch offen, ob künftige Urteile die Regel erneut anpassen.
7. Rechts überholen bei abzweigenden Ausfahrten
Rein technisch ist es auch möglich, rechts zu überholen, wenn sich Ausfahrten auf den einzelnen Fahrstreifen trennen. In diesem Fall kann man beide Fahrstreifen nutzen, sollte sich jedoch auf der richtigen Seite einordnen, je nachdem, welche Ausfahrt man nehmen möchte. Da die Fahrstreifen in diesem Moment getrennt verlaufen, ist das Rechtsüberholen unproblematisch.
Du erkennst eine solche Abzweigung an den Ortsschildern, die einen schwarzen Querstreifen in der Mitte haben. Die obersten Orte sind dann auf den linken Fahrstreifen vermerkt, während die unteren Orte auf den rechten Fahrstreifen verweisen. In dieser Situation darfst du rechts überholen, um die Verkehrssituation zu optimieren.
8. So teuer kann das Vergehen werden
Wer dennoch unerlaubt rechts überholt, muss mit hohen Strafen rechnen. Innerorts kostet das Bußgeld für rechts überholen lediglich 30 Euro, aber bei einer Gefährdung oder Sachbeschädigung kommen noch einmal 5 Euro zusätzlich hinzu. Außerorts wird das Vergehen sofort mit einem Punkt in Flensburg bestraft – unabhängig von der Gefahr des Manövers. Hier kostet das Bußgeld 100 Euro.
Kommt es zu einer sichtbaren Gefährdung, wird der Betrag auf 120 Euro erhöht, und bei Sachbeschädigung müssen sogar 145 Euro gezahlt werden. Ein Überholversuch ist also in jedem Fall mit erheblichen Kosten verbunden und meist nicht die Risiko-Wert.
9. Niemals hier: Fußgängerüberwege
An Fußgängerüberwegen gilt in vielen Ländern ein klares Überholverbot für Fahrzeuge. Diese Regel dient dem Schutz der Fußgänger, die den Zebrastreifen benutzen. Das Überholen auf der linken Seite an einem Fußgängerüberweg ist untersagt, um gefährliche Situationen zu vermeiden und den Fußgängern ein sicheres Überqueren der Straße zu ermöglichen.
Fahrzeugführer müssen ihre Geschwindigkeit verringern und darauf achten, dass Fußgänger den Überweg gefahrlos nutzen können. Verstöße gegen diese Regelung können mit Bußgeldern geahndet werden. Die Einhaltung dieser Verkehrsregel trägt entscheidend zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer bei und hilft, Unfälle an Fußgängerüberwegen zu verhindern.